Internationaler
Großmeister Yuri Solodovnichenko gewinnt Schachturnier „Schlacht bei
Dennewitz 2008“
1813 war es, genau am 06.09.1813, als sich beim kleinen Fläming Dorf Dennewitz
insgesamt 120.000 Soldaten gegenüber standen. Es war die Zeit der
Befreiungskriege. Die Preußen haben bei Dennewitz die vielleicht wichtigste
Schlacht zur Verteidigung von Berlin gegen Napoleon gewonnen, ehe Napoleon bzw.
seine Armee in der Völkerschlacht bei Leipzig endgültig vernichtet wurde. Ohne
den Sieg der Preußen bei Dennewitz wäre Berlin also vielleicht heute eine
französische Provinz ... Im Vorfeld der am 5. - bis 7. September 2008
stattfinden Feierlichkeiten zum 195jährigen Jubiläum dieser Schlacht,
veranstaltete der SV Marzahna am 30.08.08 sein alljährliches
Schnellschachturnier. Auch wenn es nicht ganz
so blutig wie 1813 war, als es über 30.000
Tote und Verwundete gab, konnte man
Angriffe, Verteidigung, Opfer, Taktik, Sieger und Besiegte auf dem Schachbrett
finden. Die Preußen waren
damals mit ca. 50.000 Mann den Franzosen mit ca. 70.000 Mann zahlenmäßig
unterlegen, aber durch clevere Taktik gelang Ihnen dieser wichtige Sieg.
Feldherr war Graf Friedrich Bülow von Dennewitz, dessen Denkmal in
Berlin Unter den Linden steht. Der Dennewitzplatz oder die Bülowstrasse
erinnern in Berlin ebenfalls an seinen historischen Sieg. In diesem Jahr gelang
dem (DWZ)zahlenmäßig überlegenen ukrainischen Großmeister Yuri
Solodovnichenko, der für Düsseldorf in der 2. Bundesliga spielt, der Sieg.
Aber der Reihe nach ... In der ersten Runde setzten sich die Favoriten bis Brett
7 erwartungsgemäß durch. Carsten Kühne (Niemegk) am Brett 8 gegen IM Ralf
Schöne (SV Marzahna) sorgte mit einem Remis für das erste überraschenden
Ergebnisse. Eingeplant waren sicher auch nicht die Niederlage von Jörg
Hettstedt (Merseburg) gegen Klaus Köhler (Jüterbog) und das Remis
von Klaus Müller (Brandenburg) gegen René Klose (Marzahna). In
der 2. Runde verlor keiner Favoriten, jedoch mussten FM Karsten Schulz (VBSF
Cottbus) gegen Torsten Schröder (Lübbenau) und Phillip Neerforth (Empor
Potsdam) gegen seinen Teamkollegen Andreas Vollak an Brett 7 und 8
jeweils einen halbe Punkt abgeben. Weiterhin waren sicherlich auch erneut Carsten
Kühnen gegen Takacs
Ferenc und der jüngste Teilnehmer Martin Frenkel (Falkenberg) gegen Thomas
Röder (Marzahna) mit den Punkteteilungen zufrieden. In
der 3. Runde kam es dann schon zu den ersten Spielen des erweiterten
Favoritenkreises untereinander. Dabei musste IM Lars Thiede (Sfrd. Berlin
1903) gegen Hans Wuttke (Empor Potsdam) einen halben Punkt und Phillipp
Neerforth gegen Torsten Schröder gar einen ganzen Punkt abgeben. Mit
dem 3. Remis hintereinander- diesmal gegen WFM Heike Germann (Marzahna)
blieb auch Karsten Kühne weiterhin ungeschlagen. Damit
hatten nach 4 Spieler die ersten 3 Runden unverletzt überstanden und lagen in Führung.
In den direkten Duellen dieser 4 Spieler setzte sich dann GM Yuri
Solodovnichenko (SF Gerresheim, Düsseldorf) gegen IM Gunter Spieß (Lok
Leipzig-Mitte) und der dreifache Dennewitzer Sieger GM Robert Rabiega (SK
König Tegel) gegen seinen Teamkollegen Drazen Muse durch. In
Lauerstellung mit je 3,5 Punkten IM Lars Thiede, IM Ralf Schöne und
FM Karsten Schulz. Offensichtlich bekommt die Dennewitzer Luft den
Tegelern besonders gut, denn mit GM Robert Rabiega, IM René Stern und
IM Ulf von Herrman haben schon 3 Tegeler in den vergangenen Jahren in
Dennewitz gesiegt. In der Spitzenpaarung der beiden GM gab es in der 5. Runde
ein am Ende für Yuri Solodovnichenko glückliches Remis. Durch den Sieg
gegen IM Ralf Schöne konnte IM Lars Thiede zu den beiden führenden
GMs aufschließen. Es folgten mit IM Gunter Spieß, IM Drazen Muse,
Clemens Rietze (Falkenberg) und Utz Lachmann (Sfrd. Berlin 1903) 4
Spieler mit 4 Punkten. Übrigens war Carsten Kühne neben den 3 Führenden
als Einziger mit 3,5 Punkten auch noch ungeschlagen. Da sich GM Robert
Rabiega und IM Lars Thiede remis trennten hatte GM Yuri
Solodovnichenko die Chance, mit einem Sieg die alleinige Führung zu übernehmen.
Aber IM Drazen Muse hatte natürlich etwas dagegen. Doch wie schon gegen
GM Robert Rabiega zuvor, meinte es die Schachgöttin heute sehr gut mit
dem echten Schachprofi aus der Ukraine und er konnte ein schon verlorenes
Endspiel irgendwie doch noch gewinnen. Damit hatte er die alleinige Tabellenführung
mit 5,5 Punkten nach 6 Runden erreicht. Es folgten mit je 5 Punkten GM Robert
Rabiega, IM Lars Thiede und IM Gunter Spieß sowie 4 weiteren
Spieler mit 4,5. Die 7. Runde sollte dann eine kleine Vorentscheidung bringen.
GM Yuri Solodovnichenko konnte auch IM Lars Thiede besiegen und
hatte nun schon 6,5 Punkte. Im Verfolgerduell konnte sich IM Gunter Spieß
gegen GM Robert Rabiega durchsetzen
und kam auf 6 Punkte. Die neuen Verfolger des Duos hießen FM Karsten Schulz und
Phillip Neerforth mit je 5,5 vor 6 weiteren Spielern mit je 5,0 Punkten.
Mit 4,5 lag die bis dato größte Turnierüberraschung Carsten Kühne (DWZ
1746) weiter auf klarem Ratingpreiskurs. Die beiden Führenden konnten in der 8.
Runde jeweils ihre Spiele gewinnen (GM Yuri Solodovnichenko gegen FM Karsten
Schulz und IM Gunter Spieß gegen Phillip Neerforth), so dass
nach der 8. Runde feststand, dass der Sieger im Fernduell zwischen beiden in der
letzten Runde ermittelt wird, da sie mit 7,5 bzw. 7 Punkten schon einen
deutlichen Vorsprung hatten. GM Robert Rabiega, IM Lars Thiede und
IM Drazen Muse gewannen ebenfalls jeweils ihre Partien, so dass diese 3
beim Kampf und Platz 3 mit jeweils 6 Punkten die besten Karten hatten. In der
letzten Runde hatte dann IM Ralf Schöne die Aufgabe, die eigenen
Ambitionen auf einen der Preisränge mit mindestens einem Remis gegen GM Yuri
Solodovnichenko mit Leben zu füllen, was aber letztlich nach langen Kampf
nicht gelang. Damit stand GM Yuri Solodovnichenko (am heutigen Tag sicher
auch dank der Schachgöttin) mit sehr guten 8,5 Punkten als Sieger der
„Schlacht bei Dennewitz 2008“ fest. Den 2. Platz sicherte sich durch das
Remis gegen IM Lars Thiede der Leipziger IM Gunter Spieß mit 7,5
Punkten. Dritter wurde mit 7,0 Punkten GM Robert Rabiega durch den
Schlussrundensieg gegen Torsten Schröder. IM Drazen Muse spielte
gegen FM Karsten Schulz Remis und kam wie IM Lars Thiede auf 6,5
Punkte. Die Wertung entschied für IM Lars Thiede, der damit vor IM Drazen
Muse Platz 4 belegte. Von den folgenden 5 Spielern mit je 6 Punkten hatte
schließlich als bester Brandenburger Schachspieler FM Karsten Schulz die
beste Wertung und erreichte als 6 noch den letzten Preisrang. Als beste Spieler
des Gastgebers SV Marzahna erzielten IM Ralf Schöne auf dem 11. Platz
und Henry Wangerin auf dem 15. Platz jeweils 5,5 Punkte. Den
Wertungspreis für die DWZ 1801 bis 2100 gewann Edmund Wuttke (VBSF
Cottbus) vor Thomas Hartung (SV Merseburg) mit jeweils 6 Punkten. In der
Kategorie DWZ 1501 bis 1800 siegte Thomas Hahn (Empor Potsdam) durch
einen tollen Endspurt mit 5 Punkten doch noch vor Carsten Kühne mit 4,5
Punkten, dem in den letzten beiden Runden kein Punktgewinn mehr gelang. In der
Kategorie DWZ bis 1500 setzte sich Bernd Tischer (Pegasus Jüterbog) mit
4,5 Punkten vor Matthias Petzold (Herzberg, leider jedoch schon vor der
Siegerehrung abgereist) mit 3,5 Punkten durch. Die Mannschaftswertung gewann
Titelverteidiger Empor Potsdam vor dem Gastgeber. Der Preis für den besten
Senior ging an Klaus Müller mit 5 Punkten, der Jugendpreis an Marleen
Vollak (Empor Potsdam) und der Schülerpreis an Martin Frenkel mit
jeweils 4,5 Punkten. WFM Heike Germann gewann die Frauenwertung mit 5
Punkten. Abgerundet wurde das
Turnier durch eine Ausstellung von über 30 originellen und kostbaren
Schachspielen aus der ganzen Welt, welche als Teil der ca. 100 Stück
umfassenden privaten Sammlung von Eberhard Knaack (Jüterbog) präsentiert
wurden. In der „ewigen Bestenliste“ des Turniers hat sich übrigens GM Robert
Rabiega hinter den beiden Führenden IM Ralf Schöne und Henry
Wangerin vom Gastgeber SV Marzahna auf Platz 3 vorgearbeitet.
Insgesamt wurde in Dennewitz um 1.450 EUR Preisgeld (davon 500 EUR für Platz 1)
und viele Sachpreise gekämpft. Dank der vielen Sponsoren - vor allem aus dem
gastgebenden Verein SV Marzahna 57 e.V. - hat sich das Turnier damit zu einem
der attraktivsten und bestbesetzten Turniere in Berlin und Brandenburg
etabliert. Das Team des „Wirthaus zum Grafen Bülow“ hat dabei erneut seinen
Anteil zum perfekten Gelingen des Turniers im historisch gestalteten Saal
beigetragen, so dass alle Beteiligten sich schon jetzt auf die „Schlacht bei
Dennewitz 2009“ freuen können. Besonderer Dank gilt auch Turnierleiter Roland
Schimmel und dem Schiedsrichter Siegfried Wieland sowie Thomas Müller
am PC.
PS.: In Dennewitz werden anlässlich des 195jährigen
Schlachtjubiläum vom Freitag, den 05.09 bis zum Sonntag 07.09 insgesamt bis zu
10.000 Besucher erwartet. Höhepunkt am 06.09 wird die "kleine" Kopie
der Schlacht von damals sein. Insgesamt ca. 700 "Soldaten" in
historischen Uniformen werden das Geschehen von damals nachstellen. Es wird mit
Gewehren und Kanonen geschossen, mit Bajonetten und Messern Mann gegen Mann gekämpft.
Die Teilnehmer übernachten dabei in insgesamt ca. 300 Zelte großen Biwak. Dort
hat jeder Besucher die Möglichkeit, sich einen Eindruck vom Leben in der
damaligen Zeit zu verschaffen. Weitere Infos aus unter www.wirtshaus-dennewitz.de.
Rene Liese