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Schachclub "Hans Clauert“ Trebbin
Till Eulenspiegel kennen wir alle. Wir haben von ihm erzählen hören oder haben seine lustigen Streiche selber gelesen. Und es freute uns, wenn er geizige und aufgeblasene Leute, Händler und Handwerksmeister oder gar die großen Herren jener Zeit, Grafen und Fürsten, zum Narren hielt. Das war Eulenspiegel, der Bauernsohn aus dem Dorf Kneitlingen im Braunschweigischen. Hans Clauert nennt man den „Märkischen Eulenspiegel“. Und wirklich hat er gerade wie jener mit seinen derbschlauen Einfällen die Leutegenarrt und ihnen dabei manchen Denkzettel verabreicht. Darum sollten wir uns seiner erinnern, denn es ist gut zu wissen, dass gegen allen Hochmut, gegen Arglist und Habgier immer noch ein gutes Kraut gewachsen ist. Hans Clauert verstand es, mit Witz und Klugheit und einem handfesten Streit zur rechten Zeit auch über die Bosheit zu siegen. Weil er die Bosheit bloßgestellt und lächerlich gemacht hat. Witz und Klugheit gehören auch zum Schachspielen. Deshalb gaben wir unserem Verein den Namen Hans Clauert.
Und wer war Hans Clauert?
Wer
vor über vierhundert Jahren das südlich von Berlin gelegene Trebbin besuchte,
fand ein freundliches Landstädtchen, das sich in der Nähe des Nuthetales vor
den westlichen Hügelketten ausbreitete. Er sah Straßen, von den niedrigen Häusern
der Ackerbürger gesäumt, sah eine Kirche und fand vor dem Mühlentor eine alte
Wassermühle. Wenn er im Gasthof einkehrte, erzählten die Einwohner von dem
Mann, der durch seine lustigen Einfälle und seine ungewöhnlichen Streiche die
kleine Stadt in der Mark Brandenburg bekannt gemacht hatte.
Hans Clauert hieß dieser Mann. Er war hier in Trebbin um das Jahr 1506
geboren. Sein Vater, Peter Clauert, hatte ihn nach Zerbst in die Lehre
gegeben, wo er das Schlosser- und Büchsenmacherhandwerk erlernte. Dann soll er,
wie man erzählt, auf die Wanderschaft gegangen und bis nach Ungarn gekommen
sein. Es war damals in Deutschland eine leidenschaftlich bewegte Zeit. Die Zeit
des großen deutschen Bauernkrieges und der Reformation. An der Südgrenze des
Reiches waren die Heere der Türken aufgetaucht. Bei Mohacz hatten sie 1526 das
ungarische Heer geschlagen und lagen drei Jahre später vor Wien, der Hauptstadt
des deutschen Reiches. Der deutsche Bauernkrieg hatte nicht bis in die Gegenden
übergegriffen, in denen Hans Clauert umherzog. Nur einzelne Erhebungen
der erbitterten Bauern gegen ihre Grundherren waren zu verzeichnen. Die Landesfürsten
hatten die Reformation zu ihrer Angelegenheit gemacht. Wir sollten uns aber auch
an den berühmt gewordenen "Rosskamm" Hans Kohlhase aus Cölln
an der Spree erinnern. Er war ein Zeitgenosse von Hans Clauert und wurde
am 22. März 1540 in Berlin auf das Rad geflochten. Auf seinen Streifzügen soll
Kohlhase in Trebbin, in der Annenkapelle, genächtigt haben. Der Rechtstag
"Hans Kohlhase" fand im Rathaus in Jüterbog am 6. und 7.
Dezember 1534, 19 Kilometer südlich von Trebbin, statt. Kohlhase war ein
Zeitgenosse Hans Clauerts und behaglich in es in dieser Zeit nicht zu.
Damals zog der schwarze Tod, die Pest, durch die Länder Europas. Ganze
Landstriche wurden entvölkert. Auch Hans Clauert soll der Pest zum
Opfergefallen sein. Um 1530 war er in seine Heimatstadt zurückgekehrt. Er hatte
es hier nicht nur zum Ruhm eines Schalknarren gebracht, wegen seiner Klugheit
war er auch Mitglied des Rates geworden. 1566 ist er gestorben. In der Zeit, in
der auch in Trebbin das große Sterben herrschte. In den Analen der Mark
Brandenburg schreibt Andreas Angelus Struthiomontanus 1598 das in Trebyn
und den umliegenden Dörfern die Pest gewütet hat. Clauerts Späße wurden
nicht vergessen. 1587 hat der Stadtschreiber von Trebbin, Bartholomäus Krüger,
ein Buch unter dem Titel „Hans Clauert werkliche Historien“
herausgegeben. Er erzählt darin die oft derben Späße Clauerts. Clauert war
trotzdem überall wohlgelitten und man hörte auf seinen Rat. Sein Ruf drang bis
an den Hof des Kurfürsten Joachims des II. Die folgende Geschichte erzählt,
wie Trebbin seinen Stadtwald erhalten konnte, aber auch wie Trebbin zu seinem
Wappen kam.
Eine Handvoll Werg
Hans
Clauert gehörte damals bereits dem Rat der Stadt an. Der Kurfürst gab
bekannt, er werde den der Stadtgehörenden Forst neu vermessen. Hans Clauert
machte sich mit den Trebbiner Ratsherren zum festgesetzten Tage nach der Gegend
um das Dorf Neuendorf (jetzt Wiesenhagen) auf, wohin der Landesherr sie befohlen
hatte. Nun langten die Trebbiner aber später als der Kurfürst am
Verhandlungsort an. Sie waren im Neuendorfer Krug eingekehrt und hatten die Zeit
mit Damespielen verbracht. Als sie endlich am Verhandlungsort erschienen,
schnitt ihnen der gnädige Herr mit zornigen Worten die Rede ab und bestimmte
kurzerhand, dass die Stadt Trebbin ihres Waldes verlustig gehen sollte. Es war
ohnehin seine Absicht gewesen, die Trebbiner übers Ohr zu hauen. Das gleiche
hatte er schon mit anderen Städten im Land Brandenburg versucht. Die Säumigkeit
der Ratsherrn kam ihm also sehr gelegen. Die Sache stand schlecht. Was sollten
die Trebbiner gegen den Befehl ihres Herren einwenden? Da trat Hans Clauert vor
und bat, ihre kurfürstliche Gnaden möchten der braven Stadt Trebbin doch
wenigstens soviel Wald zugestehen, wie sich mit einer Handvoll Werg umspinnen
lasse. Das gab der Kurfürst zu; denn was war schon eine Handvoll Werg! Überdies
erwartete er von Clauert, diesem Teufelskerl, einen unterhaltsamen Spaß. Hans
Clauert hatte eine richtige Schlosserfaust. Er konnte einen schönen Ballen
Werg darin zusammen pressen. Wer von spinnen keine Ahnung hat, der weiß nicht,
wie lang ein Faden werden kann, wenn man ihn nur dünn hält. Die Trebbiner
erhielten auf diese Weise mehr Wald, als sie zuvor besessen hatten. Zum Andenken
daran sollen die Trebbiner das Damebrett, mit dem sie sich im Neuendorfer Krug
aufgehalten hatten, in ihr Stadtwappen aufgenommen haben.
Quellennachweis: Festschrift „Zum Heimatfest der Stadt Trebbin bei
Berlin (Kreis Teltow), 1912 Oscar Brandstetter Leipzig; „Hans Clauerts
wundersame, abenteuerliche und unerhörten Geschichten, kurzweilig und sehr
lustig zu lesen“, Altberliner Verlag, Berlin 1983; „Der Mann der Michael
Kohlhaas wurde“, Kurt Neheimer, Wochenpost 1977, zum 200. Geburtstag von
Kleist.
Erich Maetz
Anm. d. Webmasters: Als "Werg" wird, gemäß Duden, Flachs- und
Hanfabfall bezeichnet.